Valencia – zwischen Begeisterung und Fremdsein

Zwischen beeindruckender Lebensqualität und dem Gefühl, nicht willkommen zu sein

Ruben Budach
Expat StoriesDaily Life Abroad
‎⁨Plaza del Ayuntamiento⁩, ⁨València⁩, ⁨Costa de Valencia⁩, ⁨Spain⁩

Wir sitzen nach unserer Erkundungstour nun im Zug nach Barcelona und denken über Valencia nach: eine Stadt, die uns einerseits beeindruckt, andererseits irritiert. Vieles hier ist top – sauber, sehr sicher, gut organisiert. Doch es gab auch Situationen, die uns ein „nicht willkommen“-Gefühl gaben.

Aber der Reihe nach:

Valencia fühlt sich unglaublich sauber und sicher an. Die Infrastruktur funktioniert richtig gut, es gibt viele Freizeitmöglichkeiten, die Parks sind gepflegt, die Strände weitläufig. Wir haben uns die Stadt zu jeder Tageszeit angesehen - zu Fuß (laut Sportuhr ca ~75 km gelaufen) und mit dem ÖPNV - in Arbeitervierteln, gentrifizierten Vierteln, im Touristenzentrum und in Ecken, die andere als „heruntergekommen“ bezeichnen würden (La Coma/Paterna haben wir ausgelassen).

Ergebnis: Vieles hier ist überraschend zivilisiert und geordnet - fast schon mustergültig. Man wird auch schnell zurechtgewiesen, wenn man etwas "falsch" gemacht hat.

Was uns sehr positiv auffiel

In Stichpunkten, weil das Bild sonst verwässert:

  • Saubere Straßen und funktionierende Infrastruktur
  • Hervorragende Radwege: meist zweispurig, sauber vom Autoverkehr getrennt
  • Kaum hupende, aggressive Autofahrer - in 6 Tagen war uns ein einziger negativ aufgefallen
  • Keine unangenehmen Situationen in vollen öffentlichen Bereichen; statt Pöbeleien viel Rücksichtnahme
  • Parks: entspannte Stimmung, keine „problematischen“ Gruppen
  • Metro nachts: zivilisierte Leute, nicht randalierende Betrunkene
  • Junge Frauen können nachts in sehr knapper Kleidung unterwegs sein, ohne bedroht zu wirken - ein echtes Gefühl von Sicherheit
  • Öffentliche Toiletten sehr sauber und oft kostenfrei
  • Viel Gastronomie, wenig Leerstand, lebhafte Innenstädte - auch nach 21 Uhr
  • Große Strandabschnitte inkl. Beachvolleyball, gay-freundliche Bereiche und sogar Nacktbadestrände
  • Sauberes Abfallmanagement: überall offene Müllcontainer, regelmäßige Abholung (teils mehrmals täglich)
  • Viele Spiel- und Sportplätze, viel Grün - insgesamt eine entspannte Atmosphäre
  • Kaum Zigarettenstummel oder zerbrochenes Glas auf der Straße - fast wie in Singapur

Kurz: Valencia ist in vielerlei Hinsicht das Gegenteil vieler deutscher Städte. Kaum Müll, kaum Zigarettenstummel, kein Glasbruch auf den Wegen. Keine unangenehmen Begegnungen in Menschenmengen mit unangenehmen Gruppen. Und wenn es doch mal eng wird: anstatt Pöbeleien sehr viel Rücksichtnahme. In vielem fast so strikt und sauber wie Singapur – nur mediterraner.

Aber da ist auch die andere Seite.

Wir hatten mehrfach Situationen, die sich anfühlten, als ob wir nicht dazugehören dürfen – nicht in der Stadt willkommen sind.

1. Unerwünscht im Cafè wegen Laptop

Ich wurde einmal aus einem Café komplimentiert, weil ich meinen Laptop ausgepackt hatte. Dort galt ein „Laptop-Verbot“ zu bestimmten Zeiten. Ich habe wohl das Schild übersehen, das hinter der Bar stand. Konsequenz: raus. Keine Diskussion. Das Cafè war leer, meine Frau gerade beim Friseur, ich wollte mir die Zeit vertreiben, spanisches Gebäck wie den Turrón genießen und dabei etwas arbeiten. Aber ich habe dieses konsequente Verhalten natürlich akzeptiert. Man hätte es mir auch freundlich sagen können.

2. Todsünde Fotografie

Beim Fotografieren eines zweispurigen Radwegs beschimpfte mich eine ältere Frau mitten auf der Straße. Ich stand zehn Meter hinter ihr, aber allein meine Kamera reichte, um bei ihr Aggression auszulösen. Dabei wäre sie mit ihrem Fahrradhelm plus Kaputze nicht auf dem Foto erkennbar gewesen, hätte sie sich nicht explizit zu mir umgedreht und mit mir geschimpft.

In einem netten Altstadtviertel (El Cabanyal) fotografierte ich Häuserfassaden - in einer vollkommen menschenleeren Straße. Eine Frau erschien plötzlich auf Ihrem Balkon und schrie auf spanisch irgendwas herunter; kurz darauf, so 5 Türen weiter, beschimpfte mich ein älterer Mann auf der Straße, der ebenfalls gerade aus der Tür kam. Einfach so.

3. Todsünde im Bus falsch einsteigen

Am deutlichsten spürten wir es im Bus: Wir haben die Todsünde schlechthin begangen und stiegen nach unserer Ankunft aus rein logistischen Gründen mit unseren Koffern in der Mitte ein. Vorne ging nicht wegen einer Baustelle. Der Fahrer hielt den Betrieb an und es folgte eine fast drei Minuten lange Ansprache in Spanisch. Der ganze Bus schaute verächtlich. Als uns schließlich eine Frau in Englisch erklärte, dass man immer vorne einsteigen muss, war der Ton längst gesetzt. Das war kein Hinweis, das war ein Tribunal. Wir waren uns einig: dieser Ton, diese Art, diese lange Beschimpfung war absolut unangebracht und erniedrigend. Ich hätte meine Gäste in meinem "Betrieb" jedenfalls nicht so behandelt.

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Der Nachgeschmack, der bleibt

Solche Szenen hinterlassen Spuren. Sie sind nicht gefährlich, es ist kein kriminelles Handeln – aber sie erniedrigen und zeigen uns: geht bitte, bleibt nicht. Man fühlt sich beobachtet, gemaßregelt, fehl am Platz.

Und es passt zum Gesamtbild: Valencia ist sicher, geordnet, aber auch provinziell. Englisch wird selten gesprochen, Internationalität gibt es kaum. Viele Expats, die wir trafen, bleiben unter sich. Und ziehen nach 2 Jahren weiter. Ein wenig verstehen wir das auch. Denn verglichen mit anderen Städten und in anderen Teilen der Welt, verdarb uns dieses Klima ein wenig den Spaß an dieser sonst so großartigen Stadt.

Uns begegneten zu oft argwöhnische Blicke, besonders von älteren Leuten, als hätten wir ihren Bereich betreten – selbst wenn wir einfach nur an einer Bushaltestelle standen oder in ein Café gingen oder ihnen im Supermarkt begneten. Hierbei möchte ich explizit einmal darauf hinweisen, dass wir immer sehr zuvorkommend, respektvoll und freundlich sind. Unsere Devise lautet: man sieht sich immer mindestens zweimal im Leben. Und dementsprechend gehen wir auch mit Menschen um, ganz gleich ob bei uns daheim oder an Orten, wo wir die Gäste sind.

Fazit:

Valencia ist eine Stadt, in der vieles glänzt: sauber, sicher, lebenswert. Wer Ordnung, Ruhe und funktionierende Strukturen schätzt, wird sie lieben. Aber man sollte nicht erwarten, hier sofort Teil einer offenen, internationalen Szene zu sein. Hinter der glänzenden Oberfläche bleibt ein Nachgeschmack: das Gefühl, nicht wirklich willkommen zu sein.

Disclaimer

Uns ist bewusst, dass nicht alle Menschen in Valencia so reagieren. Viele sind freundlich, offen und hilfsbereit. Aber wir haben doch den Eindruck gewonnen, dass es eine spürbare Gruppe gibt – meist ältere Bewohner –, die mit Fremden Schwierigkeiten haben. Vielleicht spielt dabei auch die Angst um Wohnraum oder Veränderung eine Rolle.

Inzwischen sind wir in Barcelona, und hier erleben wir diese Probleme gar nicht. Die Atmosphäre ist internationaler, durchmischter, und man geht einfach unter, ohne ständig als „Fremdkörper“ aufzufallen.


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